Als die Welt noch Hoffnung hatte
Von Jochanan Trilse-Finkelstein, Neues Deutschland, 5./6.10.2002

Er, der frühere Schauspieldirektor von Magdeburg und Leipzig, inszeniert zwischen Rostock und Wien, Augsburg und Hannover, nur nicht in der blass gewordenen Theaterszene Berlin. Solch kräftiges Volkstheater mit Biss und Ingrimm ist hier weit und breit nicht zu sehen. Da möchte man wütend werden. Solch eine brillante, glänzend gemachte Inszenierung kann vor Ort und auch in Neubrandenburg nur in begrenzter Vorstellungszahl gespielt werden, darnach ist sie vergessen, um ein Großmaß an Wirkung gebracht.
Die Stoßrichtung dieser Inszenierung mit zirzensischen Mitteln ist total: Dabei hat der chilenische Szenograf Juan León kräftig mitgetan. Zirkusträger verwandeln sich in KZ-Wachtürme, darauf steht: „Hunde wollt ihr ewig leben?“ Nach jener auf den Preußenkönig Friedrich II. zurückgehenden, etwas verhundeten Niederlagen-Parole. Die Hundebewahranstalt wird zur Vernichtungswerkstatt mit „Gaskammer“, und die Tierpfleger mit ihren Offiziersmützen wecken ganz andere Assoziationen. Gangster und Schelme – da ist Brecht sehr nahe, noch näher der Spielmann, der Ruzzante, der Clown

 

Wetter-Umschwünge in rasanter Clownerie mit Hintersinn
Von Susanne Schulz, Nordkurier, 30.09.2002

„Der Große Dario-Fo-Zirkus“ ist eine Bearbeitung der frühen Fo-Komödie „Erzengel flippern nicht“ durch den erfahrenen Theatermann Horst Ruprecht, der auch die Neustrelitzer Inszenierung verantwortet und am Wochenende eine frenetisch bejubelte Premiere erleben durfte.
…Juan León mit hintergründigen Assoziationen (wie dem bedrohlich deutschen Hundezwinger) gestalteten Manege entspinnt sich eine scharf- und hintersinnige Clownerie, eine zirzensisch überschäumende Satire auf Bürokratie und Machtgläubigkeit, in der selbst Einsprengsel wie Pisa oder ein Explosivobjekt 11-09-01 nicht vordergründig-aufgesetzt geraten. „Der Große Dario-Fo-Zirkus“, erst recht im Kontext mit dem vorangegangenen „Sekretärinnen“-Erfolg, steht für Theater, das Spaß macht. Im Ernst.